Unternehmen wollen die Vorteile der neuen Automatisierungstechnologien unbedingt nutzen, da diese eine höhere Effizienz, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit versprechen. Allerdings kommen Normungsorganisationen kaum mit dem technischen Fortschritt mit. Während entsprechende Sicherheitsnormen erst noch ausgearbeitet, kommuniziert und angenommen werden müssen, liegt die Verantwortung ganz bei den Technologieintegratoren, d. h. den Unternehmen selbst oder Integratoren von Drittanbietern. Sie müssen sicherstellen, dass Mitarbeiter, die mit neuen Geräten arbeiten, geschützt sind. Aber selbst wenn die Geräte selbst als sicher gelten, kann die Art und Weise, wie die Geräte installiert, konfiguriert und verwendet werden, immer noch Risiken bergen.
Dies gilt auch für autonome mobile Roboter (AMR). Zwar sind diese Roboter mit umfangreichen Sicherheitsmechanismen zum Schutz der Mitarbeiter ausgestattet, doch ist der einzelne Roboter selbst nur ein Teil des gesamten automatisierten Systems. Neben dem Roboter gehört dazu auch noch Mobilroboterausrüstung (MRE), beispielsweise einer von mehreren Wagen- und Palettenhebertypen, ein Rollenförderer sowie intelligente Hard- und Softwareschnittstellen zu Geräten wie Förderanlagen. Auch die übrige Umgebung, in der der Roboter arbeitet, einschließlich der Lade- und Umschlagstationen und anderer Geräte, mit denen der Roboter zusammenarbeitet, muss berücksichtigt werden.
Um sichere Systeme zu implementieren, müssen sich Unternehmen und Integratoren auf eine Reihe veralteter Normen verlassen, bis neue AMR-spezifische Normen ratifiziert sind. Diese alten Normen, wie etwa die europäische EN 1525:1997 und die amerikanische ANSI/ITSDF B56.5-2019, wurden für fahrerlose Flurförderzeuge und fahrerlose Transportsysteme (FTS) entwickelt, die typischerweise größer und schwerer als AMRs sind und ganz anders implementiert werden. Besonders wichtig: Diese Normen berücksichtigen nicht die autonome Navigation, die für den sicheren Betrieb von mobilen Robotern von zentraler Bedeutung ist.

Die Hersteller von mobilen Robotern und Standard-MRE verfolgen die Entwicklung neuer Normen, wie etwa der ISO 3691-4, die eine Anpassung der ISO 13849 für fahrerlose Flurförderzeuge ist, genau. So sind beispielsweise im Standard-Rollenförderer von ROEQ, der sich mit Förderanlagen verbinden kann, bereits Sicherheitsfunktionen gemäß ISO 3691-4 integriert. Diese Funktionen schützen Mitarbeiter vor Verletzungen, indem sie sicherstellen, dass der Förderer nicht in Betrieb ist, während sich der Roboter bewegt.
Normungsorganisation arbeiten intensiv an der Ausarbeitung neuer Leitlinien, um alles, vom Design der Roboter und MREs bis hin zu vollständigen Systemimplementierungen, abzudecken. Dieser Prozess braucht jedoch Zeit. Aber schon jetzt wollen Unternehmen die Vorteile mobiler Roboter nutzen, und versuchen daher so gut wie möglich, die alten Normen anzuwenden. Denn sie sind die einzige Orientierungshilfe, die sie haben.
In der Zwischenzeit stellen sich allerdings Herausforderungen. Eine davon ist das enorme Wachstum, das die Branche erlebt. Schon jetzt sind Hunderttausende von mobilen Robotern im Einsatz. Und laut ABI Research wird der globale Markt für autonome mobile Roboter von 800 Millionen US-Dollar im Jahr 2020 auf erstaunliche 49 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 anwachsen. Dieses Wachstum macht es den Integratoren schwer, mit neuen Technologien und Leitlinien für eine sichere Implementierung Schritt zu halten.
Eine weitere Herausforderung für Integratoren ist einer der Hauptvorteile von mobilen Robotern: ihre Konfigurierbarkeit. Die Roboter selbst sind intelligente Plattformen für eine wachsende Anzahl von MRE. Dies lässt sich mit der Beziehung zwischen traditionellen 6-Achs-Roboterarmen und anwendungsspezifischem End-of-Arm-Tooling vergleichen. In beiden Fällen bringt der Roboter das Werkzeug oder die Mobilausrüstung in Position, um eine automatisierte Aufgabe zu erfüllen.
Derzeit gibt es nur wenige Anbieter, die Standard-MRE entwickeln, die speziell auf die Sicherheitsmechanismen von autonomen Robotern abgestimmt sind und diese ergänzen. Das bedeutet, dass Integratoren, die eher mit Gabelstaplern und Förderern vertraut sind, versuchen müssen, kundenspezifische Module und andere Geräte für ihre Anwendung zu entwickeln oder Förderer, Gestelle oder Wagen zu integrieren, die nicht für den autonomen Einsatz konzipiert wurden. Trotz ihrer begrenzten Erfahrung arbeiten viele dieser Integratoren intensiv an Lösungen für ihre Implementierungsherausforderungen und die Integration von mobilen Robotern in bestehende Anlagenlayouts. Dabei stellen wir fest, dass viele von ihnen unbeabsichtigt die in den Roboter eingebauten Sicherheitsmechanismen behindern und abschalten oder durch die Verwendung nichtstandardisierter MRE neue Risiken schaffen. Das führt dazu, dass sich manches Unternehmen in Sicherheit wiegt und glaubt, dass die eingebauten Sicherheitsmechanismen des Roboters noch zuverlässig arbeiten, während die Mitarbeiter tatsächlich Gefahren ausgesetzt sind.

Die Verwendung nichtstandardisierter MRE kann zu einer Reihe von Sicherheitsrisiken führen. Mobile Roboter benötigen beispielsweise einen Not-Halt-Taster, der maximal 60 cm entfernt sein darf, damit Mitarbeiter den Roboter im Bedarfsfall leicht anhalten können. In der Praxis sehen wir jedoch häufig nichtstandardisierte Aufsatzmodule, die entweder einfach zu groß sind, um diese Anforderung zu erfüllen, oder die für die Aufnahme von Material konzipiert sind, das zu groß ist, um die Erreichbarkeit des Not-Halt-Tasters zu gewährleisten. Im Gegensatz dazu ist Standard-MRE bereits für aktuelle und kommende Sicherheitsnormen ausgelegt. Beim verlängerten Aufsatzmodul von ROEQ ist der Not-Halt-Taster beispielsweise auch bei Beladung mit übergroßen Gütern erreichbar.
Was hoffentlich klar geworden ist: Die Kombination aus Industrienormen und Standardausrüstung gewährleistet den sicheren Einsatz von mobilen Robotern. Normen legen Regeln fest, die von MRE- und AMR-Anbietern genau befolgt werden, damit wir die Anforderungen des globalen Marktes effizienter erfüllen können. Wenn Kunden diese Standardprodukte implementieren und die Integrationshinweise der Hersteller befolgen, ist die Systemsicherheit deutlich zuverlässiger gewährleistet als bei einer kundenspezifischen Integration. Außerdem funktionieren Standardsysteme immer gleich und sind so auch dann noch einsetzbar, wenn mehrere Roboter erst im Laufe längerer Zeit in Betrieb genommen werden. Die in die Roboterausrüstung eingebaute Software ist getestet und bewährt. Jedes MRE desselben Herstellers funktioniert genauso wie die übrigen Produkte des Herstellers, mit einer gemeinsamen Sicherheitsdokumentation, die die Einhaltung der örtlichen Sicherheitsvorschriften erleichtert.
Natürlich verfolgen auch viele Drittanbieter die Entwicklung der Sicherheitsnormen genau. Individuelle, der Norm entsprechende Systeme zu entwickeln, kann aber sehr teuer werden. Im Gegensatz dazu können die Hersteller von Standard-MREs die Kosten für die Entwicklung von Sicherheitslösungen auf Hunderte oder Tausende von Produkten verteilen, was diese Produkte sowohl kostengünstiger als auch sicherer macht. Für Unternehmen, die die Vorteile innovativer mobiler Robotertechnologien nutzen wollen, ist die Kombination aus Standardprodukten und Industrienormen eine Win-Win-Situation.